Nachhaltigkeit und Energieeffizienz in der Instandhaltung: „Nachhaltigkeit auch im Industrieservice als ganzheitlicher Ansatz“ – Teil 2
Im ersten Teil haben wir gezeigt, wie Unternehmen durch gezielte Maßnahmen in der Instandhaltung Nachhaltigkeit fördern können. Im zweiten Teil betrachten wir, wie innovative Technologien und Strategien wie IoT-Sensoren, KI und nachhaltige Verfahren dabei helfen, Energieeffizienz und Ressourcenschonung weiter zu optimieren.
Energieeffizienz als einer der wichtigsten Hebel für nachhaltige Instandhaltung
Nachhaltigkeit wird bei Bilfinger in drei Säulen betrachtet: ökologische (Schutz der Umwelt- und Natur), ökonomische (Wachstum und Finanzen) und soziale (Betrachtung des Menschen) Nachhaltigkeit. „Daraus folgt, dass Nachhaltigkeit auch im Industrieservice als ganzheitlicher Ansatz betrachtet werden muss, der den gesamten Lebenszyklus der Anlage umfasst“, so Oksana Roman. Neben der Implementierung umweltfreundlicher Praktiken spielt auch die Instandhaltung eine bedeutende Rolle: Indem Dienstleister wie Bilfinger mit effektiver Instandhaltung die Lebensdauer von Anlagen verlängern, reduzieren sie den Bedarf an Neuanschaffungen und den damit verbundenen Ressourcenverbrauch. Das trägt aktiv zur Nachhaltigkeit bei. Die Experten sind sich einig, dass Energieeffizienz einer der wichtigsten Hebel für nachhaltige Instandhaltung ist. „Der erste Schritt liegt meistens darin“, so André Panné, „den Energieverbrauch von Anlagen transparent und messbar zu machen.“ Für viele Industrieunternehmen ist es aber heute immer noch schwierig, detaillierte Daten über den Energieverbrauch einzelner Komponenten, Anlagenbestandteile oder Produktionsschritte zu erhalten. Für die Umstellung auf energieeffiziente Prozesse muss man oft tief in die bestehenden Abläufe eingreifen. Das erfordert nicht nur technische Anpassungen, sondern auch eine Umstellung der internen Prozesse sowie Schulungen der Mitarbeitenden. „Unternehmen sind zudem oft mit veralteten Infrastrukturen konfrontiert, die entweder nachgerüstet oder sogar ersetzt werden müssen, was mit entsprechenden Investitionen verbunden ist“, weiß der Spie Rodias-Geschäftsführer. „Insbesondere in Hochleistungsbranchen besteht die Herausforderung darin, Energieeffizienzziele mit Produktionsanforderungen in Einklang zu bringen. Gerade hier können Ausfälle oder Verzögerungen erhebliche wirtschaftliche Verluste bedeuten.“
Ein nachhaltiges und kostengünstiges Praxisbeispiel, das bestens bekannt ist: Dinge zu reparieren, anstatt sie zu entsorgen und neu zu kaufen. Maschinenbestandteile zu reparieren ist günstiger und nachhaltiger, als eine Maschine zu ersetzen. Bild: Wisag Industrie Service Holding SE
Bessere Energieeffizienz mithilfe der Druckluft-Leckageortung
„Energieeffizienz spielt für uns eine große Rolle“, sagt auch Wisag-Produktmanager Ruppel. Die grundlegenden Veränderungen gesetzlicher und verbraucherbedingter Rahmenbedingungen erfordern für die Industrie an vielen Stellen ein Umdenken und Anpassen der Leistungen, dazu Ruppel: „Als integrierter Lösungsanbieter ist es dabei immer unser Ziel, unseren Kunden einen umweltschonenden und zugleich wirtschaftlichen Betrieb zu ermöglichen.“ Im Bereich Reinigung etwa setzt Wisag bei geeigneter Oberfläche beispielsweise vermehrt auf die Laserreinigung. Im Gegensatz zu konventionellen industriellen Reinigungsverfahren wie der Strahlen-, Trockeneis- oder Lösungsmittel-Reinigung, verbraucht dieses Verfahren bei gleichbleibend guter Reinigungsqualität weniger Energie, produziert weniger Abfall und erzeugt einen geringeren CO₂-Ausstoß. Im Bereich Instandhaltung verbessern die Spezialisten von Wisag die Energieeffizienz der Kunden unter anderem mithilfe der Druckluft-Leckageortung. „Vielen ist nicht bewusst, dass eine undichte Druckluftleitung einen enormen Energieverlust verursacht. Häufig kommen bei der Erzeugung von Druckluft energieintensive Kompressoren älteren Baujahrs zum Einsatz“, so Ruppel weiter. Denn Leckagen im Druckluftnetz führen zu unnötig langer Laufzeit und damit auch zu einem hohen Energieverbrauch – das beschleunigt den Verschleiß der Geräte und verursacht hohe Kosten. Die Wisag-Druckluftleckage-Prüfung wird mit einer Schallkamera durchgeführt und kann im laufenden Betrieb stattfinden. Ruppel erläutert: „Auf Wunsch führen wir vor Ort auch die sofortige Instandsetzung durch. Allein in den ersten neun Monaten seit Einführung dieser Dienstleistung konnten wir bei unseren Kunden ein Einsparpotenzial von 781.121 Kilowattstunden aufzeigen und damit eine äquivalente Reduzierung der CO₂-Emissionen von 268.736 Kilogramm pro Ar erzielen.“
Unzählige neue Materialien erforschen
“Die Themen Effizienz und Nachhaltigkeit sind für uns nicht nur wichtig, sie sind Grundbestandteil unserer DNA bei Bilfinger: Wir haben Sie in unserer Vision verankert, für Kunden die Nummer 1 bei der Steigerung von Effizienz und Nachhaltigkeit zu werden”, so Oksana Roman. “Insbesondere die gesamtgesellschaftlich notwendige Dekarbonisierung verlangt von der Industrie, die etablierten Prozesse neu zu gestalten. Das erfordert erhebliche Investitionen und technologische Innovationen. Als Industriedienstleister haben wir eine Vielzahl an Fähigkeiten und das nötige Know-how, um diese Transformation zu unterstützen.” Dabei sei laut Roman ein umfassender Nachhaltigkeitsansatz empfehlenswert, der auf langfristige Ziele ausgerichtet ist. Investitionen in Nachhaltigkeit amortisieren sich mittel- und langfristig durch Effizienzgewinne und Kosteneinsparungen.
Bilfinger setzt beispielsweise smarte Remote-Expert-Brillen ein, wenn Spezialwissen für bestimmte Wartungs- oder Reparaturaufgaben gefordert ist. Anstatt den Experten auf die Reise an den anderen Standort zu schicken, kann er sich per Video und Audio live mit einem Kollegen vor Ort verbinden. Bild: Bilfinger
Für Wisag sind die Bemühungen um Nachhaltigkeit und Energieeffizienz in der Instandhaltung sind ein klarer Gewinn für beide Seiten, dazu Roland Ruppel: „Indem wir Wartungs- und Reinigungsprozesse mit dem Einsatz innovativer Technologien und nachhaltiger Materialien optimieren, können wir den Energieverbrauch reduzieren. Das wirkt sich natürlich nicht nur positiv auf die Kosten, sondern auch auf den ökologischen Fußabdruck aus.“
IoT-Sensoren überwachen Energieverbrauch in Echtzeit für Optimierungen
Die Vorteile der Spie Rodias-Kunden sind nach Angaben von André Panné Einsparungen durch reduzierte Energie-, Emissions- und Wartungskosten sowie längere Lebenszyklen von Anlagen: „Aber auch Ausfallszeiten können reduziert und Wartungsfenster effizienter geplant werden. Da gleichzeitig auch gesetzlichen Vorgaben wie die EU-Taxonomie oder andere Umweltstandards erfüllt werden müssen, profitieren unsere Kunden auch von unserem branchenspezifischen Know-how bei der Auswahl der richtigen Maßnahmen.“ Als Teil von Spie Germany Switzerland Austria, einem Anbieter multitechnischer Dienstleistungen, könne man nun noch mehr Leistungen aus einer Hand anbieten und die Kunden bei ihrer digitalen Transformation noch besser unterstützen. Als Paxisbeispiel führt Panné einen großen Energieversorger an: „Bei diesem haben wir eine umfassende digitale Instandhaltungslösung eingeführt. Die größte Herausforderung bestand darin, die bestehende Infrastruktur, die über Jahrzehnte hinweg gewachsen ist, in ein modernes, energieeffizientes System zu integrieren.“ Mit Hilfe von IoT-Sensoren konnte Spie Rodias den Energieverbrauch in Echtzeit überwachen und darauf aufbauend Optimierungen durchführen. Das Ergebnis war eine Energieeinsparung von rund 12 %.
KI, Drohnen und Roboter als wertvoller Helfer
Bilfinger beispielsweise setzt in der Praxis auch auf KI, um Daten in der Prozessindustrie zu analysieren, Muster zu erkennen, Vorhersagen zu treffen und auf dieser Basis Optimierungsmöglichkeiten zu identifizieren. KI ermöglicht es dabei auch, Störungen in Anlagen frühzeitig zu erkennen und vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen. Auch können Drohnen und Roboter zum Einsatz kommen, um die Inspektion von schwer zugänglichen Anlagenbereichen wie Rohrleitungen oder Tanks zu ermöglichen und effizienter zu gestalten. Drohnengestützte Inspektionen erhöhen laut Bilfinger die Arbeitssicherheit und liefern zugleich wertvolle Daten zur Steigerung der Anlageneffizienz. „Der Einsatz von sogenannten Remote-Expert-Glasses ermöglicht außerdem dank digitaler Video- und Audio-Kommunikation einen schnellen, weltweiten Know-how-Transfer bei gleichzeitiger Dokumentation in Echtzeit“, kommentiert Oksana Roman von Bilfinger.
Drohnen und Roboter können zum Einsatz kommen, um die Inspektion von schwer zugänglichen Anlagenbereichen wie Rohrleitungen oder Tanks zu ermöglichen und effizienter zu gestalten. Bild: Bilfinger
Wisag verweist an dieser Stelle auf das Tochterunternehmen Eichler einem Reparaturdienstleister für Industrieelektronik. So führte Eichler alleine im letzten Jahr mehr als 25.000 Reparaturen an Baugruppen von über 250 Herstellern im Service-Center in Pürgen durch, dazu Roland Ruppel: „Auf diese Weise werden pro Jahr mehr als 150.000 Tonnen Elektroschrott vermieden. Repariert werden die Teile, für die die Hersteller keine Wartung mehr übernehmen. Elektronikbaugruppen sind häufig der Anlagenbestandteil mit dem kürzesten Lebenszyklus. Durch Instandsetzung und Reparatur wird dieser signifikant verlängert, sodass bestehende Industrieanlagen und -maschinen länger betrieben werden können.“
Messeauftritt der vorgestellten Unternehmen, maintenance 2025:
Bilfinger: Stand 4-D22
Spie Rodias: Stand 5-L20
WISAG: Stand 4-D14