Wie hört man heute Musik? Mit – zum Beispiel – Spotify oder Apple Music. Wie bucht man Ferienwohnungen? Über airbnb. Wo kauft man online ein? Auf dem Amazon Marketplace. Die „Plattform-Ökonomie“ hat sich durchgesetzt im B2C-Handel und bei privaten Dienstleistungen.
In der Industrie gibt es ähnliche Angebote – etwa bei Drehteilen (z.B. auf der Plattform von Span Flug) oder bei 3D-gedruckten Bauteilen (Quickparts, Reliquie, Xometry…).
Und in der Instandhaltung – wie sieht es da aus? Kann ein produzierendes Unternehmen auf einer herstellerneutralen Plattform einen Wartungsauftrag platzieren und auf Angebote warten? Oder kann ein Service-Dienstleister auf einer solchen Plattform nach Aufträgen suchen bzw. seine Dienste dort anbieten?
Richtig etabliert hat sich noch keine Plattform. Aber man muss keine Glaskugel besitzen, um vorherzusagen: Das wird kommen. Verschiedene Akteure entlang der Instandhaltungs-Supply Chain werden sich vernetzen. Unternehmen kleinerer und mittlerer Größe bietet sich dann die Gelegenheit zur Kooperation und damit zum gemeinsamen Wettbewerb mit sehr viel größeren (Einzel-)Unternehmen.
Hier wird es also Marktchancen für Instandhalter geben und neue Angebote für Unternehmen, die externe Instandhaltungs-Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Gerade für Instandhalter kann es sinnvoll sein, diesen kommenden Markt auf dem Schirm zu haben und die Chancen zu bewerten, wenn sie sich denn bieten. Wenn alles gut läuft, profitieren sie von Netzwerkeffekten, dezentralen Wertschöpfungsmustern und neuartigen Kooperationsmodellen. Und sie erschließen sich – ohne großen eigenen Marketing-Aufwand – auf diese Weise neues Kundenpotenzial.
Fairerweise muss man aber auch Einschränkungen machen. Wenn es nur um eine „Handelsplattform“ für das Zusammenbringen von Angebot und Nachfrage geht, mag die Abstimmung im Netzwerk noch einfach sein. Wenn aber echte vertikale Kooperationen vermittelt werden, muss jeder Partner im Netzwerk seine Rolle finden – eine ungewohnte, im Endeffekt aber sicherlich lohnende, Aufgabe für einen mittelständischen Instandhalter.
Wie sollten sich Unternehmen, die ein offenes Auge für solche Kooperationen auf Plattform-Ebene haben, diesem Thema annähern? Ganz einfach: sich informieren und netzwerken! Zu beidem gibt die maintenance 2024 die perfekte Gelegenheit. Unternehmen aus allen Bereichen der industriellen Instandhaltung stellen aus, und das vom Fraunhofer IML (mit)organisierte Vortragsprogramm des ScienceCenters in Halle 4 stellt auch die „unternehmensübergreifende Predictive Maintenance“ in den Fokus – unter anderem mit einer Präsentation am ersten Messetag. Dr. Nick Große, Technische Universität Dortmund, referiert über „GRIPPS-X – Perspektiven einer vorausschauenden Beauftragung industrieller Dienstleistungen.“
GRIPPS-X ist eine Initiative von zwei Forschungspartnern (Fraunhofer IML und Fraunhofer ISST) und sieben Praxispartnern, die auf der Basis der Datenstruktur GAIA-X ein Plattformkonzept für unternehmensübergreifende Predictive Maintenance entwickeln. Hier können die Messebesucher somit erfahren, welche Ziele ein solches Konzept verfolgen kann und wie es sich in der industriellen Realität umsetzen lässt.
Am zweiten Messetag stellt Andreas Friedman, Fraunhofer LBF, ein weiteres Beispiel für eine Plattform-Initiative vor. Thema ist die „Entwicklung und Pilotierung eines unternehmensübergreifenden maschinellen Lernens für die Zustandsdiagnose. Auch hier profitieren mehrere Unternehmen vom Einmalaufwand der gemeinsamen Entwicklung – das ist kennzeichnend für den Plattformgedanken.